Da es sich bei Lerntherapie im Gegensatz zur Logopädie, Ergo- und Physiotherapie nicht um ein ärztlich verordnetes und von der Krankenkasse bezahltes Heilmittel handelt, sind die Preise für lerntherapeutische Leistungen nicht staatlich vorgegeben, sondern frei verhandelbar. Was kostet Lerntherapie? Wir haben bei einigen Absolventinnen und Absolventen unseres Fernstudiums „Integrative Lerntherapie in Theorie und Praxis“ und unserer Fachkundeprüfung „Integrative/r Lerntherapeut/in (IFLW)“ nachgefragt und mehrere Kriterien identifiziert, die bei der Preisfindung wichtig sind.
Länge der Therapieeinheit
Die Therapiesätze in der Lerntherapie sind nicht immer auf den ersten Blick vergleichbar, weil die Therapiestunden je nach Anbieter unterschiedlich lang sind. Mitunter werden unter einer Stunde 60 Minuten verstanden, mal wie in der Psychotherapie 50 Minuten und nicht selten in Anlehnung an den Schulunterricht 45 Minuten. Wer den Dreisatz beherrscht, ist hier im Vorteil, doch es gibt weitere Anhaltspunkte beim Preisvergleich.
Einzeltherapie oder Lerntherapie in einer Gruppe?
Lerntherapie wird meist als Einzeltherapie angeboten. In einigen Fällen kann es jedoch sinnvoll sein, zwei oder mehr Kinder bzw. Jugendliche im Gruppensetting zu therapieren. Die Gruppensituation kann motivieren, wenn die Therapieziele ähnlich und die Leistungsunterschiede nicht zu groß sind. Lerntherapie mit zwei oder mehr Kindern gleichzeitig sollte in jedem Fall günstiger sein als eine Einzeltherapie.
Qualifikation der Lerntherapeutin / des Lerntherapeuten
Es ist sicherlich keine Überraschung, dass die meisten gut qualifizierten Lerntherapeuten ein höheres Honorar verlangen als Therapeuten mit einer weniger anspruchsvollen Ausbildung. Wer viel Zeit und Geld in seine lerntherapeutischen Qualifikationen investiert hat, wird sich diese Aufwendungen zu Recht bezahlen lassen wollen. Doch Vorsicht: Ein hoher Preis lässt nicht automatisch auf ein gutes therapeutisches Angebot schließen und ein niedriger Preis bedeutet nicht zwangsläufig, dass diese Lerntherapeutin keine gute Arbeit leistet.
Kosten für Lerntherapie im Durchschnitt
Befragungen der von uns aus- und weitergebildeten Lerntherapeutinnen und Lerntherapeuten haben einen Honorarsatz von durchschnittlich 40 Euro für eine Einzeltherapiestunde ergeben. Eine Behandlungszeit von 45 Minuten ist von Vorteil, denn dann können die Termine auf leicht zu merkende volle Stunden gelegt werden (14 Uhr, 15 Uhr, 16 Uhr usw.) und die Therapeutin hat 15 Minuten Zeit zwischen den Therapieeinheiten. Die durchschnittlichen Kosten für Lerntherapie in der Gruppe belaufen sich auf 25 Euro pro Person und Stunde. Gruppenlerntherapie ist für Eltern erschwinglicher als Einzellerntherapie und kann je nach Kalkulation und Gruppengröße einträglicher für die Lerntherapeutin sein. Dennoch sollte Lerntherapie nur in einer Gruppe erfolgen, wenn dieses Setting jedem Gruppenmitglied bestmögliche Lernbedingungen bietet.
Gründe für unterdurchschnittliche Preise
Insbesondere am Beginn einer lerntherapeutischen Tätigkeit entscheiden sich manche Lerntherapeuten für Honorarsätze, die unter denen des lokalen Mitbewerbs liegen. Günstige Preise können den Terminplaner schneller füllen und einer Existenzgründung zum zumindest kurzfristigen Erfolg verhelfen. Da eine Lerntherapie aber oft zwei Jahre oder länger dauert und Preiserhöhungen zu Verdruss oder gar zu Kündigungen führen können, sollten sich Lerntherapeuten von Anfang an für einen wirtschaftlich tragfähigen Stundensatz entscheiden. Billige Angebote erwecken zudem schnell den Eindruck, nicht viel wert zu sein. In der Lerntherapie lassen sich die wenigsten Eltern auf Versuchsballons ein im Sinne von „Wir versuchen es erst mit Lerntherapeutin A und wenn das nichts ist, wechseln wir zu Lerntherapeutin B“. Meist liegt das Kind im Vergleich zu Gleichaltrigen schon so weit zurück, dass sich die Eltern gleich die richtige Förderung für ihr Kind wünschen. Der niedrigste Preis ist in diesem Fall nicht das entscheidende Kriterium.
Gründe für überdurchschnittliche Preise
Wer nebenberuflich als Lerntherapeut oder Lerntherapeutin arbeitet und daher nur wenige Termine anbieten kann, entscheidet sich meist für einen überdurchschnittlichen Stundensatz. Dieser kann bei bis zu 60 Euro liegen, in Ausnahmefällen auch darüber. Überdurchschnittliche Preise sind eher bei höher qualifizierten Lerntherapeuten zu erwarten, werden mitunter aber auch von Anbietern verlangt, die keine anspruchsvolle Ausbildung und Erfahrung vorweisen können. Eltern sollten daher die Grundausbildung der Therapeutin und ihre lerntherapeutischen Qualifikationen in Erfahrung bringen. Hat die Lerntherapeutin das IFLW-Prüfsiegel auf ihrer Internetseite, genügt hierfür ein Klick. Ein überdurchschnittliches Honorar kann eine gute Investition sein, wenn die gut ausgebildete Therapeutin auf die Schwierigkeiten des Kindes spezialisiert ist und auch auf der menschlichen Ebene eine gute Passung zwischen beiden besteht.
Was verdienen Lerntherapeuten im Monat?
Der Verdienst selbstständiger Lerntherapeuten ergibt sich aus ihren Einnahmen abzüglich der Ausgaben für z.B. die Praxismiete, Werbung, Steuern und Sozialabgaben. Hier nehmen viele Faktoren Einfluss auf die Verdienstmöglichkeiten: die Lage der Praxis, die wirtschaftliche Situation im Einzugsgebiet, die Qualifikationen der Lerntherapeutin, die Attraktivität des Angebots und ein im Idealfall guter Ruf, der für eine stete Auslastung sorgt. Das Einkommen von Lerntherapeuten mit eigener Praxis bewegt sich wie in jeder anderen beruflichen Selbstständigkeit auf einem breiten Spektrum von hoch bis niedrig und kann daher nicht verlässlich beziffert werden.
Anders ist es im Angestelltenverhältnis, denn hier bietet die pädagogische, psychologische oder therapeutische Grundqualifikation der Lerntherapeutin einen ersten Anhaltspunkt. Wer ursprünglich z.B. Pädagogik, Psychologie oder auf Lehramt studiert oder eine Ausbildung in Ergotherapie oder Logopädie absolviert hat, wird den in diesen Bereichen üblichen Monatsverdienst zu Grunde legen und ein Gehaltsplus von etwa 10 Prozent für die lerntherapeutische Zusatzqualifikation hinzurechnen. Ausgehend von einem durchschnittlichen Bruttomonatseinkommen von 2827 Euro für eine Sozialpädagogin auf Basis einer 38-Stunden-Woche (Quelle: WSI-Tarifarchiv der Hans-Böckler-Stiftung), würde dies monatlich 3109 Euro entsprechen. Schlussendlich kommt es jedoch darauf an, wie wichtig dem zukünftigen Arbeitgeber die lerntherapeutische Spezialisierung ist und natürlich auch, wie geschickt die Bewerberin in den Gehaltsverhandlungen auftritt.