Den Begriff “Helikopter-Eltern” haben Sie sicherlich schon gehört, aber kennen Sie auch “Rasenmäher-Eltern” (englisch: lawnmower parents)? Das sind Mütter und Väter – meist aber Mütter – , die das bekannte Phänomen der überfürsorglichen Eltern auf ein neues Level heben, indem sie ihren Kindern buchstäblich den Weg freimachen: Jedes Hindernis wird zur Seite geschoben, jede Unebenheit geglättet, damit der Nachwuchs sein Ziele schnell und sicher erreicht. Lesen Sie in diesem Blogbeitrag, woran Rasenmäher-Eltern zu erkennen sind, was sie antreibt und was unsere Kinder wirklich brauchen.
Rasenmäher-Eltern machen Hausaufgaben
Rasenmäher-Eltern sind Lehrern wohlbekannt, denn keine andere Berufsgruppe ist häufiger mit ihnen befasst. Wer Kind einer Rasenmäher-Mutter ist, hat stets fehlerfreie Hausaufgaben, oft ohne in Klassenarbeiten eine vergleichbare Leistung abrufen zu können. Zuweilen drängt sich der Verdacht auf, dass die Aufgaben nicht nur korrigiert, sondern von den Eltern für das Kind angefertigt wurden, um den Nachwuchs möglichst kompetent aussehen zu lassen. Diese Form der Zuarbeit tritt in allen Schulformen auf, sogar noch in der gymnasialen Oberstufe, in der Jugendliche erste Erfahrungen im eigenständigen wissenschaftlichen Arbeiten sammeln sollen. Wie soll das gehen, wenn die Eltern die Facharbeit schreiben?
Rasenmäher-Eltern wollen nur das Beste
Rasenmäher-Eltern sind intelligent, gebildet und häufig beruflich erfolgreich. Sie wissen aus eigener Erfahrung, dass bestimmte Abschlüsse für eine Karriere entscheidend sein können und wollen ihrem Nachwuchs die bestmögliche Unterstützung bieten. Um dem Kind einen Vorsprung zu verschaffen, wird bei den Hausaufgaben und beim Lernen über die Maßen nachgeholfen. Und wenn am Ende die Noten doch nicht gut genug erscheinen? Dann kann es auch zu einem nachdrücklichen Gespräch mit der Lehrkraft kommen oder es wird zu juristischen Mitteln gegriffen. Das ist Realität in deutschen Schulen.
Rasenmäher-Erziehung fördert Passivität
Rasenmäher-Eltern wollen alle Unebenheiten im Lebensweg ihrer Kinder beseitigen und merken dabei nicht, dass zu viel Hilfe der Entwicklung von Selbstständigkeit, Eigenverantwortung und Zielstrebigkeit entgegensteht. Sie räumen ihren Kindern alle Hürden aus dem Weg, um sie zum Erfolg zu führen. Leider können Kinder so nicht lernen, dass man an Problemen wachsen kann und dass sie vieles – wenn nicht gar alles – mit Ideen, Fleiß und Disziplin selbst erreichen können.
An sich ist elterliches Engagement wünschenswert und wohl allen Lehrern lieber als elterliches Desinteresse. Eltern, die sich Zeit für ihre Kinder und deren schulische Entwicklung nehmen, können die Schulleistungen positiv beeinflussen, denn Grundschulkinder lernen nicht “fürs Leben”, sondern in erster Linie für ihre Bezugspersonen. Weiß ein Kind, dass Mama und Papa Wert auf gute Noten legen, strengt es sich allein schon deshalb an. Schwierig wird es, wenn Eltern ihren Rasenmäher auspacken, um dem Kind eine Abkürzung zu ebnen. Wer das macht, erzieht sein Kind zur Abhängigkeit, Passivität und letztlich zur Inkompetenz.
Was brauchen Kinder wirklich?
Kinder brauchen die Erfahrung und die Gewissheit, dass Niederlagen nicht das Ende der Welt bedeuten. Jeder Misserfolg kann zu einem Erfolg werden, wenn aus ihm gelernt wird. Dazu benötigen Kinder Eltern, die Geduld und Vertrauen in die Fähigkeiten des Kindes haben. Fehler sollten keine Ängste auslösen, sondern als noch nicht gefundene Lösungen angesehen werden. Kinder brauchen die Freiheit, auch mal auf die Nase fallen zu dürfen. Ihr Kind hat seine Hausaufgaben vergessen, nicht genug für den Vokabeltest gelernt oder gerät beim Schreiben der Facharbeit in Zeitnot? Sehr gut – denn jetzt können wichtige Lernprozesse in Gang kommen! Wer seinem Kind jede Frustration und jedes Scheitern erspart, erzieht es zur Unreife. Muten wir unseren Kindern ruhig etwas zu und gestehen wir uns ein: Manchmal hat nicht das Kind das Problem, sondern wir.
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Cartoon von Rosali, Grundschule am Planetarium