Das seit 2011 existierende Bildungspaket der Bundesregierung bietet kostenlose Nachhilfe, doch viele leistungsberechtigte Eltern wissen davon nichts. Dieser Blogbeitrag soll informieren und so Chancengleichheit fördern.
Laut einer repräsentativen Elternumfrage der Bertelsmann-Stiftung lagen die Jahresausgaben für kostenpflichtigen Nachhilfeunterricht in Deutschland im Schuljahr 2014/2015 bei geschätzten 879 Millionen Euro. Stimmt diese Zahl, würde das pro Monat und Kind 87 Euro ergeben. Für gut verdienende Eltern ist diese Summe überschaubar. Was aber ist mit Müttern und Vätern, die dieses Geld nicht übrig haben? Lesen Sie nachfolgend, wie Arbeitslose und Geringverdiener ihren Kindern mit Hilfe des Staates Nachhilfeunterricht ermöglichen können.
Wer hat Anspruch auf kostenlose Nachhilfe?
Seit 2011 können Bezieher von Arbeitslosengeld II (“Hartz IV”), Sozialgeld, Sozialhilfe, Wohngeld, Kinderzuschlag oder Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz im Rahmen des Bildungspakets nach dem SGB II eine außerschulische Lernförderung bezahlt bekommen. Die kostenlose Nachhilfe kann bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres gewährt werden, sofern der Jugendliche keine Ausbildungsvergütung erhält.
Tipp: Sie beziehen keine der aufgeführten Sozialleistungen, weil Ihr Einkommen knapp über der Grenze liegt? Dann sollten Sie Kontakt zu Ihrem Jobcenter aufnehmen, denn Sie könnten wegen des Bildungs- und Teilhabebedarfs Ihres Kindes Anspruch auf Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld haben. Dadurch wäre dann auch eine Übernahme der Kosten für Nachhilfeunterricht möglich.
Eine weitere Voraussetzung für kostenlose Nachhilfe ist der pädagogische Bedarf: Es darf kein vergleichbares schulinternes Angebot bestehen und die Schule muss den Nachhilfebedarf schriftlich bestätigen. Bedarf ist gegeben, wenn Nachhilfe für das Erreichen eines wesentlichen Lernziels erforderlich ist. Das könnte z.B. die Versetzung in die nächste Jahrgangsstufe sein. Der Wunsch nach einem möglichst guten Zeugnis ist nicht ausreichend. So hat das Hessische Landessozialgericht mit Urteil vom 13.11.2015 (Aktenzeichen: L 9 AS 192/14) einem Schüler mit der Note 3 in Englisch die Kostenübernahme für eine ergänzende Lernförderung versagt.
Wie und wo wird kostenlose Nachhilfe beantragt?
Anträge auf Leistungen für Bildung und Teilhabe (BuT) werden beim Jobcenter gestellt. Auf der Internetseite des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales können Interessenten das zuständige Amt finden. Dort sind die Antragsformulare erhältlich. Zum Teil sind Formulare in unterschiedlichen Versionen auch im Internet verfügbar. Um ein Ausfüllen des falschen Vordrucks zu vermeiden, sollten Eltern besser gleich das richtige Formular von der Internetseite ihrer Stadt bzw. ihres Landkreises herunterladen oder sich die Unterlagen vom zuständigen Jobcenter geben lassen. Bei Bewilligung der Förderung erfolgt die Finanzierung in Form von Gutscheinen oder Direktzahlungen an den Nachhilfeanbieter.
Wie lange wird die kostenlose Nachhilfe bezahlt?
Die Kosten der Lernförderung werden übernommen, solange bei dem Kind ein entsprechender Förderbedarf besteht. Das Jobcenter darf die Dauer der Nachhilfe nicht pauschal zeitlich begrenzen. Dies hat das Sozialgericht Dortmund mit Urteil vom 20.12.2013 (Aktenzeichen: S 19 AS 1036/12) bestätigt. Laut Gericht stehe die vom Jobcenter vorgenommene Begrenzung des Anspruchs der durch das Bundesverfassungsgericht angemahnten Verwirklichung von Chancengerechtigkeit für Kinder arbeitsloser Eltern entgegen. Jedoch kann das Jobcenter die Zahlungen einstellen, wenn es trotz Nachhilfe zu keiner Notenverbesserung kommt. Das hat das Sozialgericht Frankfurt am Main mit Beschluss vom 05.05.2011 (Aktenzeichen: S 26 AS 463/11 ER) im Falle eines Schülers entschieden. Die Leistungen des 16-Jährigen hatten sich trotz Nachhilfeunterricht sogar verschlechtert. Dies ließe den Schluss zu, dass die erfolgte Nachhilfe keine geeignete Hilfe war.
Qualifizierung zur/zum Nachhilfelehrer/in
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